martingrabnercompirgospeiraia
diplomarbeit  master thesis

„Das Bild von Piräus
hat sich in den letzten Jahrzehnten
gewandelt.
Heute weist kaum mehr etwas
auf seine Vergangenheit hin,
nur hier und da trifft man noch
auf spärliche Überbleibsel
aus der alten Zeit“
Petros Markaris

„The Picture
of Piraeus has changed
during the last decades.
Today hardly anything refers
to its history, only
here and there you meet
scarce remnants from
the old times“
Petros Markaris

„Die Kinder von Piräus“

Das raue und nicht immer ganz legale Leben im Hafen von Piräus bis spät in die 1960er Jahre hinein ist Inhalt
unzähliger Liedertexte und zahlreicher Filmklassiker, die den Hafen zur Legende werden ließen. Heute ist diese
auf den Menschen bezogene Atmosphäre fast zur Gänze dem Verkehr und den Konzernen gewichen.

Piräus entwickelte sich durch den Hafen im 19. und dem frühen 20. Jahrhundert zum ersten und größten Industrie-
standort Griechenlands. Hier entstanden nicht nur die ersten Beispiele griechischer Industriearchitektur, sondern
auch eine neue Arbeiterkultur.
Die Seeleute und Arbeiter brachten ein Hafenleben mit sich, das nicht nur jugendfreie Aspekte hatte. In den 1970er
Jahren wurde Piräus gezielt modernisiert, was vor allem die kleinteilig strukturierten Vergnügungseinrichtungen
traf. Es war eine verspätete, aber „vorbildliche“ und bis heute nachwirkende Reinigung von Stadt und Gesellschaft
im Sinne der Moderne. Das Tag und Nacht rege Hafenleben ist heute verschwunden, für den Autor Petros Markaris
ein „großer und trauriger Unterschied“.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Frachtverkehr sukzessive aus dem Haupthafen von Piräus
ausgelagert. Heute liegt der gesamte Güter- und Industriehafen in der Bucht westlich von Piräus. Im Haupthafen
verblieben sind der Passagierverkehr mit Fähren und Kreuzfahrtschiffe.
In den letzten Jahrzehnten sind im Zuge der Deindustrialisierung viele Betriebe aus der Stadt weggezogen, was
im Hinterland des Hafens zu großflächigem Leerstand führte, der nur sehr langsam durch neue Nutzungen abgebaut
wird. Die neuen Gebäude, die anstelle der niedrigen Werkstätten, Lagerhallen und Gewerbebauten errichtet werden,
sind beliebige Hochhäuser, Glaspaläste, die schon nach kurzer Zeit wieder schäbig wirken. Gesichtslose Bürogebäude
und willkürlich dekorierte Hüllen für Dienstleistungen und Banken verdrängen die traditionelle Bebauung des
Klassizismus und überformen die Zeugen der Industrialisierung und der frühen Moderne.
Allein die Glocken der Hafenuhr erinnern noch an die „gute alte Zeit“. Sie sind auf das Lied Τα παιδιά του Πειράια
(Die Kinder von Piräus) aus dem Film Sonntags... nie! von Jules Dassin und mit Melina Mercouri gestimmt und
verbreiten – manchmal etwas deplatziert wirkende – Nostalgie.

            

impression
theory  flipping-through
design  children of piraeus  horizontal and vertical  space: connecting  activation and identity  image: (un)cover
photoessay: perfected imperfection  poster

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